Andreas Decke

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HÄUSLICH

 

Vernissage am Freitag, den 18.6.2010, 19:30 Uhr
Einführung: Jürgen Schmid, M.A., Leiter Heimatmuseum Zusmarshausen
Musik: Annika Schmid, Klavier, Vera Decke, Klarinette

 

Andreas Decke

geb. 1961 in Würzburg
lebt und arbeitet seit 1996 in Zusmarshausen
1983 – 87 Studium an der FH Augsburg, Fachbereich Gestaltung /Umweltgestaltung
Seit 1988 freischaffender Künstler

Fernsehlicht Öl auf Leinwand

Häuser / Garagen frühmorgens Öl auf Leinwand

1999 Kunstpreis der Arno-Buchegger-Stiftung, Augsburg
2000 Debütantenpreis des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (Katalog)
2007 Kunstpreis des Landkreises Augsburg (Katalog)
2010 Kunstpreis der Stadt Krumbach

Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler

Der Blick aus dem Atelierfenster ist ein Klassiker in der Geschichte der Malerei, für Andreas Decke die Initialzündung für den Perspektivenwechsel des „notorischen Landschaftsmalers“. Ein Alltagsblick, eine Banalität, eine immer wiederkehrende Selbstverständlichkeit. Andreas Decke zeigt Ausschnitte von Häusern. Fast ausschließlich sind es Bauten der 1960/70er Jahre aus den ersten großen Neubaugebieten, die sich wirtschaftswunderlich um die gewachsenen Dorfkerne gelegt haben und heute noch – nicht wirklich vorteilhaft – das Erscheinungsbild unseres Landes prägen.

Warum irritieren Gemälde von Wänden, Fenstern, Garagen, geschnittenen Thujahecken und Hausdächern einer austauschbaren Siedlung? Vielleicht, weil man von der Malerei eher schöne und bedeutende Dinge erwartet? Welche Veränderung geht vonstatten, wenn ein Künstler durch den Akt der künstlerischen Gestaltung Banalität, Hässlichkeit und Bedeutungslosigkeit adelt? Bilder, die zunächst Anstoß erregen oder gar Ärger provozieren, können möglicherweise eher als gefällige Bilder Gedanken auslösen, die den Betrachter geistig zu neuen Ufern aufbrechen lassen …

Jürgen Schmid, Museum Zusmarshausen

Balkon – schräge Schatten Öl auf Leinwand

Schattenspiel auf Fassaden Öl auf Leinwand

Vom Wesen der Veränderung

Einführung zur Ausstellung „Häuslich“ mit Malerei und Druckgrafik von Andreas Decke in der Galerie im Unteren Schlösschen des Kunstvereins Bobingen am 18. Juni 2010
von Jürgen Schmid, Museum Zusmarshausen

Wer eine Ausstellung eröffnet, blickt meist auf eine lange Wegstrecke zurück. Da müssen Kontakte geknüpft, Absprachen getroffen, Termine verschoben werden. Die Einladungskarte will gestaltet, adressiert, verschickt sein. Und natürlich sollten Bilder gemalt, getrocknet, gerahmt, ausgewählt, eingepackt, aufgehängt werden. Betrachtet der Wanderer auf den Pfaden der Kunst die einzelnen Etappen seiner Reise genauer, so findet seine Erinnerung viele Bilder, Begegnungen und Weggefährten. Einen treuen Begleiter aber streift der Rückblick sicher immer wieder: die Veränderung. Darüber möchte ich heute abend sprechen: über die Veränderung des Künstlers im Akt des Schaffens, über die Veränderung von „Bildern“ durch den Prozess des „Abbildens“, die Veränderung von „Bildern“ im Vorgang des Ausstellens und schließlich über die hoffentlich mögliche Veränderung des Publikums durch die Betrachtung der Bilder.

Begeben wir uns also zusammen mit Andreas Decke auf die Reise, zurück an den Ursprung seiner Idee zu der neuen Bildserie „Häuslich“, die heute abend beim Kunst­verein Bobingen ihre öffentliche Uraufführung erlebt. Begleiten wir den Künstler auch auf dem Weg, den ein Ausstellungsprojekt von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Eröffnungsabend stets nehmen muss. Was zunächst vielleicht banal, vermeintlich all­zu bekannt, möglicherweise gar langweilig klingt, möge der folgende Werkstattbericht möglichst anschaulich illustrieren und erkenntnisprovozierend konkretisieren.

Von der Wahl des Themas:
Die Faszination des Alltäglichen

Wer Andreas Decke, seine Bilder und den inzwischen altgedienten Vernissageredner in den letzten zehn Jahren kreuz und quer durch Schwaben begleitet hat, der wird eine gravierende Veränderung schon bemerkt haben, als ihm die Einladungskarte aus dem Briefkasten entgegen gefallen ist. Bei seinen größeren Einzelausstellungen seit der Jahrtausendwende – welch bedeutend klingende Zeitangabe – hat der frän­kisch-bayerisch-schwäbische Maler nahezu ausschließlich Landschaften gezeigt, so in Oberschönenfeld, Zusmars­hausen, Augsburg, Wertingen, Krumbach und zuletzt in Diedorf. Hier in Bobingen finden wir uns mit irritierenden Ansichten von Häusern un­vermittelt in einen ganz anderen Kosmos versetzt.

Als „Chronisten der schwäbischen Landschaft“ habe ich Andreas Decke vor einem Jahr in Diedorf bezeichnet, eine Zuschreibung, die von der Presse erwartungsgemäß willig aufgegriffen wurde. Farben und Formen, Jahreszeiten und Wetter, Licht und Schatten, Wind, Sonne und Regen, alle Erscheinungsformen von und in „Landschaft“ hat der Maler über einen erstaunlich langen Zeitraum dokumentiert, durchdekliniert, typologisiert – stur und geduldig, mit einer sonderbaren Beharrlichkeit und Unbeug­samkeit vermeintlich lukrativeren Strömungen des Kunstbetriebes gegenüber. Enge Wegbegleiter haben sich bei einem Besuch im Atelier so manches Mal gefragt, wann

es genug sein würde mit Bildern von der mittelschwäbischen Landschaft seiner (Wahl) Heimat, in der offenbar ein unerschöpfliches Reservoir an Inspiration stecken muss. Für Andreas Decke ist diese Landschaft offensichtlich fast so etwas wie eine gefunde­ne Skulptur, der er gar nicht genug weiße Leinwände als Opfer darbringen zu können schien. Ein beinahe unheimliches Verlangen schien den Maler anzutreiben, immer tiefer in die Geheimnisse des einmal gewählten Themas einzudringen – eine obsessive Auffassung von Kunst, von Weiterentwicklung und Vervollkommnung im übrigen, die man eher in der japanischen Tradition zu Hause wähnt denn in deutschen Landen.

Nun muss ein gegenständlich arbeitender Künstler naturgemäß immer einen konkreten Gegenstand seines Interesses auswählen. Andreas Decke scheint im letzten Jahr eine radikale Veränderung in der Wahrnehmung seiner Umwelt vollzogen zu haben – oder zumindest in dem Teil seiner Wahrnehmung, den er uns – der Öffentlichkeit – in Form von Bildern mitteilen will. Der Blick aus dem Atelierfenster ist als Atelierblick ein Klas­siker in der Geschichte der Malerei. Der tägliche Blick aus dem Atelier im Anbau des Zusmarshauser Söldhauses also war die Initialzündung für den Perspektivenwechsel, ein Alltagsblick, eine Banalität, eine immer wiederkehrende Selbstverständlichkeit, ja Unabänderlichkeit. Plötzlich erschien dieser jahrelang ignorierte Ausblick festhaltens­würdig, dokumentationswert, malbar. Welche innere Veränderung den Künstler zu diesem – für ihn und sein monolithisches Werk – beinahe revolutionären Perspektiven­wechsel bewogen haben mag, müsste einer in­diskreten tiefenpsychologischen Frage vorbehalten bleiben. Jedenfalls haben wir die erste Veränderung auf der „long and windy road“ von der Idee zur Ausstellung gefun­den: das Haus als neues Thema eines notorischen Landschaftsmalers.

Ein erstes Fazit lässt sich ziehen: Was auch immer Andreas Decke uns an Gemälden vorsetzt, stets erzählen diese Bilder von den einfachen, scheinbar unbedeutenden Beobachtungen des Alltags, die wir oft achtlos an uns vorbeiziehen lassen. Das gilt für die ältere Serie von Stilleben – „Verlassene Orte“ war eine Ausstellung im Schwäbi­schen Volkskundemuseum Oberschönenfeld im Jahr 1999 betitelt – ebenso wie für die Landschaften und neuerdings die Häuser. Andreas Deckes Bilder rühmen die Faszi­nation des Unspektakulären.

Vom Bild zum Abbild:
Die Entstehung von Malerei

Was aber geschieht nun mit dem einmal entdeckten „Bild“, wenn es vom Künstler tat­sächlich mit malerischen Mitteln „ins Bild“ gesetzt wird? Welchen Weg geht ein „Bild“, das im Auge des Betrachters zunächst eine flüchtige, vergängliche Erscheinung ist, wenn der Betrachter sich entscheidet, dieses – zunächst nur ihm alleine für einen kur­zen Augenblick zugängliche – „Bild“ materiell „aufzubewahren“, sei es in Form einer Fotografie, einer Skizze, eines Ölgemäldes? Es vollziehen sich unweigerlich bewußte oder unbewußte Entscheidungsprozesse, die determinierend und verändernd auf die vorgefundene Realität des „Bildes“ einwirken. Der erste dieser Entscheidungsschritte ist zwangsläufig die Wahl eines dokumentationswürdigen Ausschnitts aus dem Gesamtbild. Es ist von weitreichender Konsequenz für den Aussagegehalt und die Wirkung eines „Abbildes“, wie man die Grenzen eines Bildausschnittes festlegt, an welcher Stelle man die Trennlinie setzt zwischen dem Teil der Wirklichkeit, den man in seinem „Abbild“ überliefern möchte und dem Teil, der außen vor bleiben soll – jeder fotografisch dilletierende Knipser weiß das nur zu gut.

Andreas Decke zeigt uns immer nur Ausschnitte von Häusern. Fast ausschließlich sind es Bauten der 1970er Jahre, aus den ersten großen Neubaugebieten, die sich wirtschaftswunderlich um die gewachsenen Dorfkerne gelegt haben und heute noch – nicht wirklich vorteilhaft – das Erscheinungsbild des Landes prägen. Durch die Wahl eines bestimmten Ausschnitts verändert sich die Wahrnehmung dieser meist unbeach­teten Strukturen. Plötzlich werden bestimmte Linien – Wände, Dachkanten und deren Schatten – dominant, treten massiv in den Vordergrund. Architektonisch gedachte und als statische Elemente geplante Fluchten von Dächern und Hauswänden scheinen im „Abbild“ geradezu einen grafischen Sinn zu ergeben.

Ein weiterer Schritt ist die Wahl der Lichtverhältnisse, in denen das Bild festgehalten werden soll. Sprichwörtlich ist die Redewendung: Etwas in ein gutes Licht setzen. In der Malerei ist diese Bemerkung nicht nur metaphorisch zu verstehen, sondern ganz wörtlich, im Sinne eines handwerklichen Vorgangs. Andreas Decke zeigt uns gleich-mäßig ausgeleuchtete Hauswände, darüber friedlichen blauer Himmel, eine Lichtregie ohne dramatische Zwischentöne oder grelle Dissonanzen. Seine Häuser strahlen in diesem Licht eine eigentümliche Ruhe und Würde aus – ein Eindruck, der durch die oftmalige Abwesenheit von Spuren menschlichen Bewohntseins noch verstärkt wird.

Aber jenseits all dieser Entscheidungsprozesse im malerischen Detail ist bereits die Übertragung des Gesehenen in ein dauerhaftes Medium bemerkenswert. Die Doku­mentation eines flüchtigen Augenblicks in der Malerei, die einen festgelegten Stellen­wert im gesellschaftlichen Kontext als anerkannte Kunstform hat, verändert den Wert des Abgebildeten erheblich. Nehmen wir nur die materielle Form des „Abbildes“: Eine Leinwand, Requisite und Symbol des Künstlertums seit jeher, bemalt mit Farbe, zum Abschluß mit einer Rahmung versehen, die dem Bild eine finale Amtlichkeit verleiht: Der subjektiv gewählte Ausschnitt wird mittels Rahmen beglaubigt, will sagen: Genau so – und nicht anders – wollte ich, der Maler dieses Bildes, die Wirklichkeit sehen.

Ein zweites Fazit könnte lauten: Zum Wesen der abbildenden Kunst – also Fotografie oder gegenständliche Malerei – gehört es merkwürdigerweise, dass sie ihren Gegen­stand im Akt des Abbildens mehr verändert, als vielen von uns bewußt ist. Und eine Frage taucht auf: Verleiht der Akt des Malens banalen Erscheinungen wie Häuser aus den 1970er Jahren eine Würde, die man ihnen nicht zutraut und die sie vielleicht auch gar nicht haben?

Von der Materie zum Kunstwerk:
Die Praxis der Ausstellung

Wir haben bisher gesehen, wie ein Künstler sich und seinen Gegenstand im Akt des künstlerischen Schaffens verändert. Aber noch hängt (oder steht) das entstandene Werk im Atelier des Malers und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Auf die „Veröf­fentlichung“ von Kunst haben sich im Laufe der Zeit zwei Institutionen spezialisiert: das Museum und vor allem die Galerie. Diesen Institutionen werden traditionell spezi­fische Eigenschaften zugeschrieben: Seriosität, Professionalität, Dignität. Man geht in ein Museum oder in eine Kunst-Galerie gleichsam als wie in einen Musentempel. Die meisten Besucher verbinden damit eine Sphäre der Hochkultur, der man Achtung und Respekt entgegenzubringen hat, eine quasi-sakrale Atmosphäre, in der man sich im Angesicht der Kunstwerke – wenn überhaupt – nur flüsternd zu unterhalten getraut.

Welche Funktion hat nun eine Galerie für bildende Kunst? Zeitgenössische Kunst wird heute meist zuerst in einer Galerie präsentiert, sie erblickt dort – „fabrikneu“ und hin­sichtlich ihrer Bedeutung noch unentschieden aus dem Atelier des Künstlers kommend – „das Licht der Welt“. In der Galerie wird das Kunstwerk zuerst mit Bedeutung aufge­laden, die Galerie ist somit einer der Orte, an denen „Bedeutung“ generiert wird. In jüngerer Zeit sind merkwürdigerweise auch viele Museen dazu übergegangen, diese Aufgabe der Erstpräsentation und Bedeutungsgenerierung von Kunst zu übernehmen. Aber vielleicht ist dieser Befund doch gar nicht so merkwürdig, wie es zunächst scheint: Denn Künstler und Museum passen eigentlich gut zusammen, bilden eine Symbiose in ihrer Funktion als Erzeuger und Hersteller von Bedeutung.

Es macht einen gravierenden Unterschied, wo ein Gegenstand – in unserem Falle ein Bild – sich befindet, einen Unterschied hinsichtlich der Einschätzung seiner Deutung und Bedeutung. Es ist entscheidend, in welcher Gesellschaft er sich befindet, wieviel Raum man ihm zugesteht, in welches Licht man ihn setzt. Wer je die traurige Daseins­form von zusammengepfercht abgestellten Gemälden im Hinterzimmer einer Galerie oder im Depot eines Museums gesehen hat, der weiß, wovon ich spreche.

Museen und Galerien wissen natürlich um diese Zusammenhänge. Eine Ausstellung arbeitet deshalb immer mit einfachen theatralen Inszenierungstricks: Grundlage jeder wirkungsvollen Präsentation ist die gezielte Vereinzelung der Objekte. Nicht eine un­übersichtliche Menge an Sinneseindrücken soll auf den Betrachter einströmen, sondern wenige ausgewählte Objekte dürfen so viel Raum wie möglich für sich beanspruchen. Diese Vereinzelung hat – wie alle weiteren Inszenierungstricks – eigentlich nur einen einzigen Zweck: die Bedeutung des ausgestellten Objekts höchstmöglich zu steigern, dem Betrachter zu suggerieren, er werde des Anblicks von etwas Hochbedeutendem, Wertvollem, Einzigartigem teilhaftig. Selbes gilt somit auch für die Lichtführung in einer Ausstellung, Ziel ist die perfekte Ausleuchtung – die Metaphorik des „Ins-rechte-Licht-Rückens“ haben wir ja schon beleuchtet.

Diesen musealen Inszenierungsmechanismen wurden natürlich auch die Bilder aus Andreas Deckes Serie „Häuslich“ unterworfen. Die Wirklichkeit, die auf den Bildern „dargestellt“ ist, wird somit musealisiert, aus ihrem ursprünglichen Kontext herausge­löst, in einen neuen Kontext überführt, mithin museumswürdig gemacht. Die Galerie ist damit der ideale Generator von Bedeutung. Ein Bild, das aus dem Atelier in eine Galerie kommt, erfährt hier eine Veränderung im Sinne von Wertschöpfung, Bedeu­tungszuwachs, Auratisierung.

Künstler verweisen gerne auf Museumsankäufe ihrer Werke: Der Hinweis „Werke in öffentlichem Besitz“ fehlt in kaum einer Künstlervita, auch wenn die Mehrzahl dieser angekauften Werke anschließend das geschilderte triste Depotleben fristen muss. Das Museum figuriert somit als der Ort der höchsten Bedeutungsstufe: Wer im Museum ist, hat es geschafft. Aus dem Museum gibt es, anders als bei der Galerie, die bewußt als Durchgangsstation angelegt ist, meist kein Entrinnen mehr. Was das Museum er­wirbt, ist als dauerhafter Besitz vorgesehen.

Es folgt als drittes Fazit: Ausstellungen in Galerien oder Museen bilden Wirklichkeit nicht ab, sondern konstruieren Wirklichkeit. Der Transfer eines Gemäldes aus dem Atelier des Künstlers in eine öffentliche Galerie zum Zwecke der Ausstellung löst auto­matisch Veränderungen in der Wahrnehmung des Bildes aus, auch wenn man es diesem oberflächlich nicht ansieht. Das Bild betritt einen Durchgangsraum, in dem es – mit Hilfe theatraler Inszenierungskniffe – mit Bedeutung aufgeladen wird. Das Bild verlässt die Galerie mit einer neuen Bedeutungsebene und höherer Wertschätzung. Es ist von der Materie – mit Farben übersäte Leinwand – zum Kunstwerk geworden.

Von der Kunst im Angesicht des Betrachters:
Ein Wille zur Veränderung?

Zu Beginn habe ich mit Blick auf Andreas Deckes „Häuser“ von irritierenden Bildern gesprochen. Warum sollten Wände, Fenster, Türen oder Dächer eines austauschbaren Neubaugebiets der Generation 1970 irritieren? Vielleicht, weil man von der Malerei eher schöne und bedeutende Dinge erwartet? Weil es dem Betrachter zunächst fast wie Betrug vorkommt, wenn er nun auch noch in einer Kunstgalerie mit den Zumutungen des Alltags konfrontiert wird? Welche Veränderung geht vonstatten, wenn ein Künstler durch den Akt der künstlerischen Gestaltung Banalität, Häßlichkeit und Bedeutungs­losigkeit adelt? Vielleicht ein Denkprozess des Künstlers, der in einem Denkprozeß des Betrachters seinen Widerhall finden könnte: Bilder, die zunächst Anstoß erregen oder gar Ärger provozieren, können möglicherweise eher als gefällige Bilder Gedanken auslösen, die den Betrachter geistig zu neuen Ufern aufbrechen lassen …

Das abschließende Fazit stellt eine Frage an uns alle, die wir heute abend Kunst be­trachten: Wie verändert das, was wir hier in der Ausstellung sehen, uns selbst? Denn wenn es uns nicht verändern würde, wenn wir lediglich unsere mitgebrachten Vorstel­lungen, Vorannahmen und Vorurteile wieder mit nach Hause nehmen würden, dann wäre der Weg in die Ausstellung vergebens und ohne Mehrwert gewesen …