Doris Graf

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Ausstellung + Pikträtsitzungen

 

www.dorisgraf.de

Projektbeschreibung: Pikträt

Das Projekt „Pikträt“ ist eine Weiterentwicklung der „Transcodierungen“ und hat einen experimentellen, kommunikativen, interaktiven und partizipatorischen Charakter.

Bisher wurden bei den „Transcodierungen“ Landschaften oder Landschaftsbilder vergangener Epochen auf ihre wesentlichen Informationen hin analysiert und in der Bildsprache der Piktogramme dargestellt.

Piktogramme sind kürzelhafte, allgemein verständliche Zeichen, die durch ihren Zeichencharakter in der Lage sind, nonverbal, in sehr kurzer Zeit, eine bestimmte Information zu vermitteln.

Bei den Transcodierungen abstrahiere ich sozusagen vergangene Wirklichkeitserfahrung und nehme dadurch Bezug auf unsere informationsbeladene, systematisierte Welt.

Gegenstände, Tiere und Pflanzen, sogar der Himmel über uns, werden reduziert auf Zeichen, sie degenerieren zu reinen Informanten. In den aktuellsten Arbeiten kombiniere ich die Piktogramme mit Links und Webadressen, welche auf das Orientierungssystem des digitalen Netzes verweisen sollen. Die Piktogramme und deren Anordnung arbeite ich hauptsächlich auf dem Computer aus. Außerdem setze ich die einzelnen Piktogramme, und die Netzhinweise durch Pfeile zueinander in Beziehung. Die Einvernahme der Bildwirklichkeit durch den Betrachter wird nun letztendlich durch Pfeile kanalisiert. Die Oberfläche des Bildes wird zu einem „Orientierungssystem“ (Abb.1) .

Dieser Begriff ersetzt nun herkömmliche, konventionelle Begriffe wie Komposition, Ordnungssystem (Peter Röhr), Assemblage, Accumulage, etc.

Bei den „Pikträts“ sollen nicht mehr Landschaften oder Landschaftsbilder vergangener Epochen, sondern Menschen transcodiert werden. Ein Pikträt besteht aus unterschiedlichen Piktogrammen. Jedes einzelne repräsentiert äußere Merkmale, Angaben zum Familienstand und zum Besitz eines Menschen in Form von Piktogrammen. Das sind Daten, welche häufig im Alltag abgefragt werden und über welche es auch unterschiedliche Datenbanken gibt. Der Begriff „Pikträt“ ist von den Bezeichnungen Piktogramm (Pik-) und Porträt (-trät) abgeleitet und stellt Menschen mit Hilfe eines standardisierten Zeichensystems dar. Der Einzelne soll auf oberflächliche Informationen reduziert werden und durch nichts „Wesentliches“ bezüglich seiner Person dargestellt werden. Es ist ein soziologisches und philosophisches Projekt, mit Hilfe dessen ich eine Erweiterung des Begriffes der „Verdinglichung“ (Axel Honneth) durch den Begriff der „Verinformationlichung“ veranschaulichen möchte. Darüberhinaus nehme ich Bezug zu einer Standardisierung und Entindividualisierung der Menschen im Hintergrund einer Gesellschaft der Informationstechnologien.

Stuttgart
Um Pikträts erstellen zu können, halte ich sogenannte Pikträtsitzungen ab. Dabei sitze ich an einem Tisch (siehe Foto, entstanden während der letzten „Langen Nacht der Museen“ in Stuttgart) und fülle zusammen mit dem Kunstinteressierten ein Datenblatt aus, das am Ende mit einem Signatur-Stempel gestempelt und in ein Hängeordnersystem abgelegt wird.

Es gibt pro Geschlecht 4 Datenblätter (Verheiratet, Geschieden, Verwitwet, Single). Auf jedem Datenblatt gibt es auch einen EIG-Wert, der den Entindividualisierungsgrad messen soll. EIG-Wert bedeutet die Anzahl der Zeichen, die derjenige mit einem anderen gemeinsam hat. Je höher dieser Wert ist, desto mehr Zeichen hat er mit einem anderen Menschen gemeinsam angekreuzt. Die Anzahl zeigt die Menge an Menschen an, die diese Zeichen gemeinsam angekreuzt haben.

Die ausgefüllten Datenblätter werden von mir außerhalb der Öffnungszeiten der Pikträtsitzungen verarbeitet. Jedes einzelne Datenblatt übertrage ich in eine Pikträt-Datenbank. Daraus wiederum entstehen dann auch die einzelnen Pikträts.

Im gleichen Raum, in dem ich die Pikträtsitzungen abhalte, stelle ich gleichzeitig auch alle schon erstellten Pikträts aus. Dadurch wird die Datenbank sichtbar gemacht. Jedes einzelne, gerahmt in weißen DINA4 Standardrahmen, wird dort, geordnet nach Entindivi-dualisierungsgrad, an die Wand gehängt. Je größer die Datenbank ist, desto beeindruckender wird die Repräsentation der sichtbar gewordenen Datenbank. Geordnet nach gleichen Zeichenkombinationen wird eine Systematisierung und Entindividualisierung der Menschen visualisiert. Letztendlich wird so auch das Ziel des Projektes veranschaulicht.

Zu den letzten Pikträtsitzungen möchte ich bemerken, dass während derselben häufig sehr aufschlussreiche und interessante Konversationen zustande gekommen sind. Die Themen variieren und handeln sowohl allgemein über Kunst, über das Projekt selbst, als auch über Datenbanken und Datenerfassungsmethoden bzgl. der Tatsache, dass es in unserer Gesellschaft immer öfter passiert, dass wir aufgefordert werden, unterschiedliche Informationen über uns und unsere Lebensgewohnheiten preiszugeben.

Biografie
Doris Graf,
geb. Ehrmann, am 17. Mai 1968 in Krumbach (Schwaben)

Ausbildung:
1990 – 95 Studium an der Kunstakademie „Villa Arson“, EPIAR,
in Nizza, Frankreich
1993 DNAP (Diplôme National Arts Plastiques) mit
Auszeichnung „Les Félicitations“
1994 3 Monate an der Goldsmith`s Academy in London
1995 DNSEP (Diplôme National Supérieur Expression
Plastique) mit Auszeichnung „Mention“
1996 – 2000 Aufbaustudium an der Akademie in Stuttgart bei
Prof. P.U. Dreyer
lebt und arbeitet als Künstlerin seit 1995 in Stuttgart

Preise/ Stipendien
1994 Stipendium für 3-monatiges Studium an der Goldsmith`s
Academy in London
1997 Artist in Residence am AEC in Linz, Realisierung des
CAVE-Projektes „Geistes Welt“
2006 Kunstpreis der Stadt Krumbach
2006 Johann-Georg-Fischer-Kunstpreis
2007 Stipendium „Künstlerbahnhof Ebernburg“
2007 Einladung als „Artist in Residence“ am CAMAC in
Marnay-sur-Seine in Frankreich
2007 Einladung zur Ideenwerkstatt im Kunsthaus
Kloster Gravenhorst im Rahmen des Stipendiumprogramms „KunstKommunikation“
2007 Nagolder Kunstpreis

Ausstellungen/Projekte:
1997 Einladung zu „progressiv `96“ in Köln (Ausstellung und Diskussionsforum) (G)
1999 Ausstellung „millegrazie“ in Stuttgart (G)
2004 Vorstellung der Projekte „Ultrachrome“ und „Metalogos“ im Künstlerhaus Stuttgart (E)
2004 Ausstellung In Bexbach (G)
2004 Ausstellung in St. Andreasberg mit anschließender Teilnahme an einer Wanderausstellung bis Dezember 2004 (G)
2004 Ausstellung in der Städtischen Galerie in Iserlohn (G)
2005 Transcodierung von Fa. i42 in Mannheim
2005/06 Teilnahme an der Mitgliederausstellung „Sichtung“ im Württembergischen Kunstverein Stuttgart (G)
2006 Einzelausstelllung Galerie Abtart in Stuttgart (E)
2006 Teilnahme an der Grafikausstellung in Senden (G)
2006 Gruppenausstellung Galerie Abtart in Stuttgart (G)
2006 Jahresausstelllung Kult e.V. Krumbach (G)
2006 28. Ostallgäuer Kunstausstellung im Künstlerhaus Marktoberdorf (G)
2006/07 58. Große Schwäbische Kunstausstellung in Augsburg (G)
2006/07 Sonderausstellung in der Galerie Abraxas, Augsburg (E)
2006/07 Teilnahme an der Mitgliederausstellung im Württembergischen Kunstverein, Stuttgart
2006/07 Ausstellung Galerie Abtart in Stuttgart (G)
2007 Teilnahme an der „Großen Kunstausstellung“ im Haus der Kunst (G)
2007 Ausstellung im Kunstverein Bobingen (G)
2007 Einzelausstellung im Künstlerbahnhof in Bad Münster a. St. Ebernburg (E)
2007 Start des Prototyps GC-Code auf der Webseite: www.dorisgraf.de
2007 Ausstellung im CAMAC (Frankreich) (G)
2007 Ausstellung im Rathaus Schöckingen (E)
2008 Teilnahme an der Mitgliederausstellung im Württembergischen Kunstverein Stuttgart
2008 Museumsnacht der Stadt Stuttgart (G)- Pikträtsitzungen
2008 Artik 2008 (G)
2008 Kunstverein Bobingen (E) – Pikrätsitzungen

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